Tourdatum: 05.07.2006 - 09.07.2006
Kategorie: Ausbildung
Ort/Region: Stubaier Alpen / Tirol
Teilnehmer: Berthold Honka (Leitung), Marietta Honka, Andrea Diefenbach, Jens Schneider, Harald Fellinghauer, Anja Vehre, Heike Geis, Christian Schmidt, Willi Barth, Esther Hamer, Kathi Melcher, Kevin Orthey, Dennis Schaab, Natalie White, Norbert Sprenger, Thorsten Tausche
Beschreibung: Der Grundkurs Alpin ist eine 4 jährige umfassende Alpinausbildung, die für die Mitglieder der DAV Sektion Mainz angeboten wird. Der Ausbildungszeitraum ist aufgeteilt in diverse theoretische und praktische Lehrgänge, dieser Bericht betrifft die Ausbildungswoche Eis in den Stubaier Alpen im Sommer 2006. Nähere Informationen zum Grundkurs Alpin auf der Internetseite des DAV Mainz: http://www.dav-mainz.de
Bemerkung:  

05.07.2006 Mainz - Neustift(Stubai) - Parkplatz Grawaalm(1590m) - Sulzenaualm(1847m) - Sulzenauhütte (2191m)

Wie schon vor zwei Jahren bei der "Ausbildung Fels" im Rahmen des Grundkurs Alpin gab es Fußball im Fernsehen. Das spannende Halbfinale der Fußball Weltmeisterschaft 2006 zwischen Deutschland und Italien war die Ursache dafür, dass wir mit nur 4 Stunden Schlaf etwas übermüdet um kurz nach 5:00 Uhr in Mainz aufbrachen. Auf Grund der freudigen Erwartung wieder ein paar Tage in den Bergen unterwegs zu sein und dem strahlenden Sonnenschein, der uns während der Fahrt begleitete, waren wir trotz der 0:2 Niederlage unserer Mannschaft am Vorabend gut gelaunt und erreichten ohne Zwischenfälle das Stubaital. Nachdem man Neustift-Ranalt passiert hatte, folgten wir ca. 5 km dem Straßenverlauf bis zum Parkplatz der Grawaalm(1590m), der bei der Vorbesprechung zu dieser Ausbildungstour als Treffpunkt vereinbart wurde. Wie geplant brachen wir gegen 13:30 Uhr zum Aufstieg auf die Hütte auf, lediglich Berthold wartete noch etwa 30 Minuten auf Kathi und Esther, die sich etwas verspäteten. Der Weg führte relativ sanft ansteigend in ca. 1h zur Sulzenaualm(1847m), wo wir unseren Aufstieg wegen eines Gewitters unterbrachen. Nachdem sich der Regen wieder verzogen hatte und zwischenzeitlich auch Berthold mit den Nachzüglern sicher eingetroffen war, überwanden wir gemeinsam noch den letzten Anstieg zur Sulzenauhütte auf 2192m. Insgesamt waren vom Parkplatz aus ~600 Höhenmeter in ca. 2,5h unschwierigem Aufstieg zu überwinden, also als Eingehtour genau richtig. Der Abend endete nach dem gemeinsamen Essen mit einer kleinen Planung der kommenden 3 Ausbildungstage und einem Materialcheck.

 

06.07.2006 Sulzenauhütte - Fernerstube - Sulzenauhütte

Für diesen Tag war Ausbildung angesagt. Als wir gegen 08:30 Uhr von der Hütte aufbrachen, bekamen wir zum ersten Mal den Nachteil unseres Standortes zu spüren: Um überhaupt erst das Gletschergebiet zu erreichen, dass sich zur Durchführung von Übungen eignete, ist ein knapp 1,5 stündiger Aufstieg von der Hütte aus nötig, der sowohl für die Einteilung der Ausbildungszeit, als auch der Kräfte berücksichtigt werden muss. Nachdem wir in etwas mehr als einer Stunde die ersten Schneefelder erreicht hatten, startete Berthold daher auch sofort mit Unterstützung seiner "Hilfsausbilder" Harald und Norbert die ersten Übungseinheiten. Begonnen wurde mit der Trittsicherheit in Schnee und Eis und der unterstützende Umgang mit dem Eispickel. Weiter ging es dann über den Gletscher, jeweils in 4er Seilschaften, zu einem etwas steileren, schneebedeckten Hang am östlichen Rand des Ferners. Erstaunt beobachteten wir, wie Berthold während einer kurzen Pause einen kleinen Kocher aus seinem 40L Rucksack holte, Schnee zu schmelzen begann und für die ganze Gruppe Kaffee kochte. Zum wiederholten Male versuchte ich die Geheimnisse des "Rucksackpackens" zu durchdringen und wusste eigentlich schon, dass ich mich auch vor der nächsten Tour wieder damit herumplagen würde, die absolut notwendigen Ausrüstungsgegenstände in meinem 50L Rucksack unterzubringen und das Gewicht dabei einigermaßen erträglich zu halten. Weiter in der Ausbildung ging es dann mit Sturztechniken und der Anwendung des Pickels zum Bremsen bei Stürzen. Nachdem Norbert die verschiedenen Pickeltechniken im Auf- und Abstieg demonstriert hatte, legten wir dann zum ersten Mal Steigeisen an. Wir lernten dann die Querung eines Eishanges in Seilschaften und die Sicherung dieser mit Eisschrauben, bevor es dann langsam zurück an den Rand des Ferners ging und wir wieder zur Hütte abstiegen. Am kommenden Tag sollte mit der Tour zum Wilden Freiger unsere erste Hochtour auf dem Programm stehen und wir verbrachten den Abend auf der Hütte mit der Planung und Vorbereitung der Tour. Auf die Frage nach dem Wetter antwortete der Wirt der Hütte nur: "Bei gutem Wetter kann das jeder!" Naja, so kann man es auch sehen und so schoben wir die Gedanken an den vorhergesagten Regen erstmal bei Seite.

 

07.07.2006 Sulzenauhütte - Seescharte(2762m) - Wilder Freiger(3418m) - Lübecker Weg - Fernerstube - Sulzenauhütte

Bereits um 04:00 Uhr klingelte der Handywecker - wir sollten uns gleich an das richtige Bergsteigerleben gewöhnen. Als ich im Waschraum die ersten Tropfen des "saukalten" Gebirgswassers im Gesicht hatte, fragte ich mich doch mal wieder, warum ich mir das im wohlverdienten Urlaub antue. Doch die Vorfreude auf meine erste Hochtour gewann natürlich schnell die Oberhand und auch die leichten Regentropfen, die gegen das Hüttenfenster klopften, ändern nichts daran. Gegen kurz nach 05:00 Uhr stand die Gruppe zum Aufbruch bereit und Berthold hielt sich in gewohnter Manier mit der Ansprache kurz: "Hier regnet es, wie müssen sehen, dass wir hier wegkommen!". Da gab es nichts zu widersprechen... Für unsere 4er Seilschaft begann der Tag nicht wirklich gut. Heike rutsche nur kurz hinter der Hütte beim Überqueren eines Baches auf den nassen Steinen aus und zog sich eine ordentliche Prellung am rechten Knie zu, biss aber auf die Zähne und konnte glücklicherweise die Tour fortsetzen. Der Weg führte uns im weiteren Verlauf dann durch das ausgeaperte Becken des Freigerferners hinauf bis zum Grünausee und dann zum Grünauferner. Über das mäßig steile Schneefeld gelangten wir dann zur Seescharte. Am Grübelferner mussten wir dann Steigeisen anlegen und in einem kurzen Aufstieg über eine Eisflanke gelangten wir dann an einer verfallenen Zollhütte vorbei zum Signalgipfel und über einen Grat zum Gipfel des Wilden Freigers (3418m), den wir gegen 13:00 Uhr erreichten. Trotz der Strapazen, die uns der Aufstieg in diesem Terrain gekostet hatte, waren wir doch jetzt alle stolz, den Gipfel erreicht zu haben, auch wenn die Sicht wolkenverhangen und somit nicht sonderlich gut war. Auf Grund der fortgeschrittenen Zeit pausierten wir auch nur kurz am Gipfel und brachen über den Lübecker Weg gegen 13:30 Uhr wieder zum Abstieg auf. Hatte das Wetter bis dahin doch relativ gut mitgespielt, erwischte es uns kurze Zeit später dafür ordentlich. Ein starker Graupelschauer machten den teilweise seilversicherten und klettersteigartigen Abstieg zu einem unangenehmen und nicht ungefährlichen Unterfangen. Wenn auch durchnässt, waren wir froh, als wir die Felskletterei hinter uns lassen konnten und wieder Schnee unter unseren Füßen hatten. Über das Eis der Fernerstube und des Sulzenaugletschers ging es zurück, an der Blauen Lacke vorbei bis wir gegen 18:00 Uhr wieder die Sulzenauhütte erreicht hatten. Knappe 13 Stunden waren seit dem Aufbruch am Morgen vergangen und Heike und ich waren am Ende unserer Kräfte. Das Gehen in einer Seilschaft und in diesem Gelände benötigt eindeutig mehr Zeit und fordert die Kräfte deutlich mehr als bei einer "normalen" Bergtour. Berthold verzichtete daher und wegen der vorhergesagten schlechten Witterung am kommenden Tag auf die geplante Besteigung des Zuckerhütls und beschloss noch einmal einen Ausbildungstag auf dem Sulzenauferner durchzuführen.

 

08.07.2006 Sulzenauhütte - Klettergarten Sulzenauhütte - Sulzenauhütte

Als um 04:00 Uhr morgens wieder der Wecker klingelte, schmerzte Heikes Knie so stark, dass wir beschlossen, an diesem Morgen auf der Hütte zu bleiben. Während der Rest der Gruppe zum Sulzenauferner aufbrach, genossen wir noch eine Runde Schlaf und trafen beim Frühstück auf Anja und Harald, die ebenso auf der Hütte geblieben waren. Da das Wetter zumindest am Vormittag einigermaßen zu halten schien, brachen wir dann gemeinsam zum Klettergarten der Hütte auf, um ein paar Trockenübungen durchzuführen. Es wurde dann Dank Harald auch wirklich kurzweiliger Tag: Wir übten unter seiner Anleitung nicht nur Klettertechniken, sondern auch gezielt Methoden zur Spaltenbergung, wie Mannschaftszug oder Selbstrettung über Prusik. Auch wenn es sicherlich viel Theorie war, haben wir trotzdem was gelernt und außerdem viel Spaß gehabt. Als es am Nachmittag wieder zu regnen begann, zogen wir uns dann auf die Hütte zurück und während wir uns einen Apfelstrudel gönnten, warteten wir auf den Rest unserer Gruppe. Am Abend gab es dann noch einmal Fußball: Deutschland schlug Portugal mit 3:1 im Spiel um Platz 3 bei der Fußball WM und so gab es auch noch einen gelungenen Tagesabschluss.

 

09.07.2006 Sulzenauhütte(2191m) - Sulzenaualm(1847m) - Grawaalm(1590m) - Neustift - Mainz

Strahlender Sonnenschein mit dem Blick von oben auf die geschlossene Wolkendecke im Tal begrüßte Heike zu Ihrem Geburtstag. Leider hatten wir ansonsten nicht mehr viel von dem schönen Wetter, denn für uns war der Tag der Rückreise angebrochen. Über die Sulzenaualm ging es dann nach dem Frühstück wieder hinab zum Parkplatz. Jens und Andrea verabschiedeten sich noch an der Hütte, da sie beschlossen noch eine Tagesetappe des Stubaier Höhenwegs zu begehen. Der Rest verteilte sich dann im Tal auf die Fahrzeuge und in knapp 6h erreichten wir wieder Mainz. Die ersten Erfahrungen im Eis waren sehr erlebnisreich und anstrengend und wir bekamen schnell zu spüren, dass dies mit einer normalen Bergtour nicht zu vergleichen ist. Es ist enorm wichtig, sowohl den sicheren Umgang mit Steigeisen und Pickel zu beherrschen, als auch das Gelände und die Gegebenheiten (wie z.B. Wetter) richtig einschätzen zu können. Da das Bewegen in diesem Terrain noch anstrengender ist, ist eine gute Kondition Voraussetzung für eine Hochtour. Auf Grund unserer Erfahrungen fassten Heike und ich den Entschluss, an der Abschlusstour des Grundkurs Alpin, der nach 4 Jahren diesen Sommer zu Ende ging, nicht mehr teilzunehmen. Es sollte auf den Montblanc gehen und wir waren der Meinung, dass 2 Tage Grundlagentraining für so eine Tour etwas zu wenig sind - wir möchten auf jeden Fall noch ein wenig Erfahrung sammeln, bevor wir uns an solche Hochtouren wagen.

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