Tourdatum: 30.07.2007
Kategorie: Klettersteig
Ort/Region: St. Christophe / Dauphiné
Teilnehmer: Christian, Heike
Beschreibung: Traumhafte Kletterroute über dem rauschenden Wasser des Vénéon. Optisch sehr reizvoll führt diese ferrata knapp oberhalb des Flusses langsam aufsteigend, als kleiner Höhepunkt wartet die Route mit einer Hängebrücke auf.
Bemerkung: Hilfreich für die Tourenplanung ist Hüslers Klettersteigführer Westalpen (Bruckmann Verlag/ISBN: 3-7654-4212-7)

30.07.2007 Via ferrata de St-Christoph-en-Oisans (Dauer: 4,5 Stunden)

Unser dritter Tag im Dauphiné führte uns wieder zurück ins Vallée du Vénéon. Diesmal ließen wir das malerische Venosc(1019m) hinter uns liegen und folgten dem Straßenverlauf weiter hinauf nach St. Christophe bis zur großen Hinweistafel am Parkplatz Plan du Lac(1203m). Auf dem Parkplatz kann man bereits seine Klettersteigausrüstung anlegen, der Weg zum Einstieg führt dann nur noch noch wenige Meter über das Gelände des Campingplatzes. Ein Anbieter für Rafting Touren auf dem Vénéon lässt seine Boote genau unterhalb der ersten Eisenbügel ins Wasser gleiten, und während die ersten Gruppen mutiger Paddler an diesem Morgen in die eiskalten Fluten steigen, erklimmen wir an den Stahlstiften eine Höhe von ~3m über dem Fluß. Danach trennten sich unsere Wege: Während die voll besetzten Schlauchboote sofort von der Strömung erfasst und flussabwärts mitgenommen werden, steigen wir in der entgegengesetzten Richtung weiter. Zu Beginn läuft die ferrata ohne größere technische Schwierigkeiten immer dicht oberhalb des tiefblauen Gebirgswassers. Immer wieder werden auch Felsbänder einbezogen, man steigt sogar auf einem Teilstück wieder ganz hinab auf die Höhe des Flussbettes und überbrückt ein paar Meter auf einem natürlichen Pfad. Ohne Probleme kann man an vielen Stellen kurz verweilen und den Blick auf das tosende Wasser schweifen lassen. Wir waren begeistert von dem originellen Verlauf des Klettersteigs und genossen jeden Meter.

Nach gut einer halben Stunde gewinnt der Kletterer so langsam an Höhe und die zu passierenden Stellen werden ausgesetzter. Ein spektakulärer Höhepunkt ist dann die Querung eines Seitentals auf einer schwankenden Hängebrücke. Bleibt man mit den Tritten schön in der Mitte der Bohlen, lässt sich dieses Hindernis gut meistern. Zu guter Letzt steht man dann vor der größten Schwierigkeit des Klettersteigs: Die Eisenbügel ziehen sich in einer senkrechten, ja fast leicht überhängenden, Felswand nach oben und es kostet schon Kraft diese Passage zu meistern. Tief unten in der Schlucht fließen nun die Wasser des Vénéon dahin und neue Ausblicke hinüber nach St. Christophe und das obere Vénéontal mit den vergletscherten Gipfel des Écrins-Massivs ließen uns immer wieder fasziniert verweilen. Ungefähr zwei Stunden nach unserem Einstieg endet der erste Teil der via ferrata de St-Christoph-en-Oisans an der Straße nach St. Christophe unweit der Pont du Diable(1418m). Ein paar Bänke locken zur Rast, bevor man das zweite Teilstück des Klettersteigs hinauf zum Hügel von Collet(1544m) in Angriff nimmt. Auf der anderen Seite der Straße führt die Route über ein paar Felsen und Grasbänder weiter aufwärts und läuft an einem kleinen Denkmal nach etwas 30 Minuten aus.

Der zweite Teil ist bei weitem nicht so schwierig, wie der Erste, aber da man die Vénéon-Schlucht und den Fluss mittlerweile ein gutes Stück hinter sich gelassen hat, auch nicht mehr so faszinierend. Durch die bauliche Trennung mit der Straße könnte man sich auch dazu entscheiden, die Teilstücke unabhängig voneinander zu begehen, allerdings lässt sich das Ganze mit einer kleinen Wanderung zurück zu einer wunderschönen Rundtour ausbauen. Wenn man am Denkmal die Kletterausrüstung abgelegt hat, kann man sich entscheiden in einer knappen viertel Stunde hinunter nach St. Christophe zu laufen und ggf. mit dem Bus zurück zu gelangen oder man folgt dem Wanderpfad über Le Puy(1583m), was ich zu jeder Zeit empfehlen würde. Etwa 20 Minuten lang läuft man in einer Höhe von ~1500-1600m mit Blick auf das tief unten liegende Vénéontal und kann die Landschaft genießen. Als wir dann Le Puy(1583m) erreichten, waren wir zuerst einmal sprachlos. Wir hatten mit einer kleinen Ortschaft gerechnet, aber was wir vorfanden waren ein paar wenige Häuser und Schuppen, die nur über Wanderpfade von außen erreichbar waren - keine Straße führte zu diesem Ort. Ein älterer Mann pflückte Brombeeren, während eine ältere Frau im Garten arbeitete, sonst war außer ein paar Tieren niemand zu sehen.

Die Häuser waren alle in gutem Zustand, allerdings ist mir bis heute unklar, wie die grundlegende Versorgung der Anwohner funktioniert. Da ich keine Materialseilbahn erkennen konnte, kann ich mir nur die Versorgung mit dem Hubschrauber vorstellen, aber wie gerade ältere Menschen dort zurechtkommen oder das Leben im Winter funktioniert beschäftigte uns noch lange, zumal wir bestimmt weitere 45 Minuten benötigten, um den schmalen Pfad hinunter zur Straße zwischen St. Christophe und Vénosc. Das einzige Manko an dieser wunderschönen Tour war dann, dass es keinen ausgeschilderten Fußweg zurück zum Campingplatz Plan du Lac gab und wir dem Verlauf der Fahrstraße folgten. Wie wir im Nachhinein feststellten, kann man jedoch nach dem Abstieg auf die andere Seite des Flusses wechseln und zumindest einen großen Teil des Rückwegs auf einem Wanderweg entlang des Vénéon bewältigen. Man erreicht so nach ca. 15 Minuten einen grandiosen Wasserfall, bei dem es an einem Gasthaus eine Fußgängerbrücke zurück über den Fluss gibt. Nach insgesamt ~4,5 Stunden standen wir wieder an unserem Fahrzeug und hatten einen wunderschönen Tag erlebt. Die via ferrata de St-Christophe-en-Oisans ist ein faszinierender Klettersteig mit einem originellen Verlauf, den ich jedem nur empfehlen kann.

Die ausgesetzten Passagen über dem Fluss bieten Nervenkitzel und tolle Photomotive, das zweite Teilstück ist deutlich leichter und nicht ganz so schön. Wir beendeten den Ausflug mit einem Bummel durch St. Christophe und fuhren sogar noch die Passstraße hoch nach La Bérarde(1740m), ein bekanntes Bergsteigerdorf und Ausgangspunkt für viele Touren im Massiv des Écrins. Die Straße ist allerdings schmal und viel zu sehen gab es für unseren Geschmack nicht wirklich viel. Nach drei wunderbaren Tagen im Dauphiné verlegten wir am darauf folgenden Tag unseren Standort an den Lac d'Annecy, wo wir weitere Touren geplant hatten. Die wunderschöne Landschaft in dieser Region ist uns jedoch absolut in Erinnerung geblieben und sicherlich eine weitere Reise wert.

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